Uschi´s Corona Tagebuch

Ich stell mich mal vor

Ich bin Uschi. Komme aus Schwaben. Lebe in Bayern.

Es ist der 16. März 2020. Wir haben nun "Zwangspause" hier - oder auch Shut down - oder halt Ausgangsbeschränkung. Wegen des Corona Virus.

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen.

Ich begleite mich selbst mit Tagebucheintragungen. Mit Fotos. Mit Filmaufnahmen. Mit Audioaufnahmen. Sie sind herzlich eingeladen "mitzugehen". Passen Sie auf sich (und auf andere) auf. Herzlich...

 



Kresse - Igel / 13. März 2020 

Es war klar: der Lockdown kommt. Ich habe Berufsausübungsverbot (Trommelschule Freising). Und mein Unterrichtsraum wurde mir wegen Corona gekündigt. Kein Mensch weiss, wie lange das dauert. Wir dürfen eine Person ausserhalb des Hausstandes treffen. Ansonsten kaufen die Leut ein. Clopapier. Ich überlege auch blitzschnell, was ich brauche, falls es länger dauert. Oder falls ich krank werde. Ich kaufe mir einen Kresse Igel. Es ist noch März. Egal was kommt: ich brauche Vitamine und muss mental und real etwas wachsen sehen. Rasche Erfolge sind sicher ermutigend. Andere haben Haustiere. Ich hab den Igel. Eine Freundin schenkt mir selbst gezogene Tomatenpflanzen. Pflücksalat und diverse Samen zum selber Ziehen hol ich noch dazu. Ich bin nicht die Einzige. Die Gartencenter wurden gestürmt. Denn jetzt sind sie geschlossen. Die Auszeit kann kommen.

 

Hallo Isar / 15. März 2020

Wer mich kennt, weiß: ich begrüße die Isar in der Regel laut mit  "Hallo Isar". Egal, ob ich zu Fuß unterwegs bin oder mitm Rad. Ich freu mich einfach. So oder so. In diesen Zeiten besuch ich sie fast täglich. Man soll ja die Lungen trainieren.

 

Hallo Moosach / 24. März 2020

Mein Fahrrad ist kaputt. Also bin ich zu Fuß unterwegs. Und da entdecke ich auf meinen Streifzügen die Moosach genauer. Und staune. Sie liegt neben der Isar und hat einen ganz anderen Charakter. Molliger (Moll) - wenn ich als Musikerin sprechen darf :-). Die Isar ist Dur. Die BraunGrünGelbRot-Töne der März-Auenwälder sind, wenn ich genauer hinschau, ein Universum an Variation.

 

Still - einfach still / 24. März 2020

Ich kann es kaum glauben. Bin ich wach oder träume ich ? Es ist still. Kein Flugzeug, kein Autobahnpfeifen und Getöse. Nur noch Naturgeräusche. Bin ich im Paradies ? Es öffnet und heilt meine Ohren. 4 Jahre heftiger Baulärm neben meiner Wohnung, hunderte Wohnungen werden dort neu gebaut. Jahrelanges Flugzeugdonnern und Grollen und Röhren. Nun ist es still. Dank Corona. Mit der Stille verlangsame ich meinen Schritt. Später, mitten in der Nacht wache ich auf. Ich trete auf den Balkon und nehme diese Stille und Naturgeräusche auf. Es ist wirklich unwahrscheinlich berührend. Es erinnert mich an Zeiten in Afrika.

 

Kiesel Kunst / 25. März 2020

Auf meinen Streifzügen an der Isar zwischen Marzling und Oberhummel sehe ich immer wieder Spuren von Menschen. Herzen, Spiralen, Türmchen. Auch ich "antworte" manchmal mit kleinen Kunstwerken. Das Geräusch, wenn man die Isar - Steine aufhebt und legt ist wunderschön. Ich brauche die Streifzüge und Menschengrüße. Denn mich trifft der Lockdown auch ganz existentiell als Selbständige. Brauche kreative Ideen und entwickle im Gehen Projekte.

 

Corona Rezepte / 27. März 2020

Ich tausche mich mit Freunden aus. Jede/r kocht. Es werden gesunde Nahrungsmittel besorgt. Man hat plötzlich Zeit und Muse. Viele haben Zeit und Muse. Andere wiederum ackern in den sogenannten systemrelevanten Berufen. Viele landen auch im Homeoffice. Manche arbeiten nicht und erhalten Geld wie immer, andere dürfen nicht arbeiten und erhalten nichts. Die Sonne lacht und man hört davon, wieviel in Gärten gewurschtelt wird. Ich hab einen Balkon. Das ist wunderbar. Vor allem, weil es still ist. Ich bin am mich Einarbeiten in Technik, Kameras, Mikrofone und ein Aufnahmeprogramm für meine Ideen und Projekte. Aufwändig. Aber ich lerne ja gerne dazu. Viele starten nun mit Zoom, Skype, Online Unterricht. Wir sind noch Stümper. Dann wieder gutes Essen. Mein Lieblingsrezept: Karotten gehäkselt, Hirse, Datteln, Apfelessig, ein Schuss Walnussöl - alles gut mischen - und ein bisschen vom Kresse Igel drauf. Danach: Studien zum Corona Virus. Ich möchte viel wissen.

 

Auf Biberspuren / 30.3.2020

Ich bin wie süchtig nach dieser Isar und den immer gleichen Weg auf dem ich immer etwas anderes entdecke. Nach Heim-Arbeit und Aufnahmen und Technik gehe ich zur Isar. Ich bin bereits barfuß in Sandalen unterwegs. Und schaue immer, wo die Biberpfade sind und was sie wieder Neues gebaut haben. Ich kann die Biber riechen. Ein scharfer Geruch. Bei einem der Ausflüge ramme ich mir im Unterholz einen halben Baumstamm in Ferse und Achillesferse. Es war mühsam und schmerzvoll, den Weg zurück zu gehen. War dreimal bei meiner Lieblingsärztin. Sie freut sich, immer wieder ein Stück Holz aus dem Fuß zu ziehen. Diffizil und mir wird schlecht. Sie freut sich, weil mal jemand ohne Corona Thema kommt, mit "was Normalem". "Wir drehen hier schier durch, sagt sie. Die Leut sind verängstigt". Jetzt ist Maskenpflicht. Ich soll den Fuß baden. Das letzte Stück Holz soll so raus getrieben werden. Es fällt mir schwer, wegen des kranken Fußes zuhause zu bleiben. Aber es ist auch gut. Ich arbeite an meinen Projekten. Manchmal auch nachts durch. In der Stille zu arbeiten ist wunderbar.

 

Vor - Ostertage  / 8. April 2020

Immer noch Berufsverbot. Immer noch Lockdown. Zahlen von Infizierten. Jeder versucht die Zahlen zu verstehen. Wissenschaftler werden gehört. Ich versuche, mein Hirn einzuschalten und die Dinge "zu Ende zu denken". Der Frühling, die Natur wird bunt. Der Pflücksalat wächst und nährt. Ostern: Es wird empfohlen, keine Osterbesuche zu machen. Der Papst steht alleine auf dem leer gefegten Petersplatz und hält die Messe ab. Das sind Bilder die man kaum begreift. Eine andere Welt. Er erinnert mich an einen Schamanen. Er scheint mir völlig in Versenkung. Spirituell und dennoch weltlich. Als wäre er mit Gott und Corona alleine in Zwiesprache. Ich staune.

 

Ostersonntag / 12. April 2020

Ich bin verabredet. Früh. Die Sonne lacht bereits. Die Straßen in Freising sind wie leergefegt. Es ist ein Bilderbuchtag. Es hat wirklich etwas Heiliges. Wir sind auf dem Weihenstephaner Berg unterwegs. Sonne. Blauer Himmel. Ganz klare Sicht. Viele sagen, die Luft sei klarer seit Corona. Wir blicken weit über den Flughafen bis München. Es ist KEIN Flugzeug unterwegs. Man ahnt, wie Freising früher war. Vor dem Flughafen. Eine wunderschöne Stadt mit schönster Landschaft. Wir entspannen uns bei Osterei und mitgebrachtem Cafe völlig in die Stille hinein. Wir wollen nicht einmal reden. Wir brauchen keine Urlaubsreise, kein Event, keine Ablenkung. 

 

Blaue Stunde / 26. Januar 2021

So viel Schnee hatte Freising schon lange nicht mehr. Die Tage sind noch kurz. Die blaue Stunde beginnt um 17.30 h und geht über in die Nacht. Seit 1 Jahr gibt es die Corona Pandemie. Verlängerter Lockdown. Sehr festgefahren alles.